Historische Bleiplomben
Wie uns der Aufdruck „Guanowerke“ verrät, handelt es sich hier um die Plombe eines Düngersackes.
Beschriftung der Vorderseite: (AN)GLO CON(T)inentale VORM.als (OHL)ENDORF(F) SCHE(G)UANOWERKE
Die Rückseite weist eine eher ungewöhnliche Abbildungsvariante auf. Hier wurde das für diese Guanowerke gewöhnliche Füllhorn mit der Umschrift Trade Mark durch einen Anker mit der entsprechenden Umschrift ersetzt als Zeichen des Überseehandels. Ein Anker ,links davon AVG, rechts COW, unter dem Anker (DÉPOSÉ)
Auf unserm Feld bei Nörvenich Alt- Oberbolheim finden sich nicht nur Relikte aus römischer Zeit sondern auch noch recht junge und unscheinbare Fundobjekte, die uns aber einiges über die Handelsströme der Welt- und Agrarwirtschaft jener Zeit kundtun können. So diese ca. 2 cm große Bleiplombe: Das Wort Plombe stammt vom lateinischen `Plumbum`ab, was Blei bedeutet. Es handelt sich um ein so genanntes Waren- oder Beschauzeichen und diente zur Versiegelung verschiedener Waren. somit also als Qualitäts- und/oder Herkunftsnachweis der Ware. Es sollte eine Verfälschung oder Manipulation am versiegelten Produkt verhindern.
Jeder einzelne Sack Guano wurde also zur Sicherstellung vor gefälschten Produkten mit einer „behördlich registrierten Schutzmarke tragenden Plombe versehen, worauf bei Ankäufen zu achten nicht dringend genug empfohlen werden kann“, annoncierte die Handelsfirma seit 1879. Wie wir später noch erfahren werden, liegt der Entstehungszeitraum der Plombe zwischen 1883 und spätestens 1927.
„Der Guano riecht schlecht und sieht auch nicht besonders aus; wenn die vollen Guano-Schiffe in Hamburg ankommen, verpesten sie den ganzen Hafen. Mit Guano geht´s aber wie mit vielen garstigen Dingen: was daraus gemacht wird, 10 pCt. Dividende im vorigen Jahr stinkt nicht“. (Wöchentliche Anzeige für das Fürstenthum Ratzeburg Nr. 22, 1889). Der Guano ist ein feinkörniger Naturdünger. Er entsteht aus den pastösen Exkrementen von Seevögeln wie den Pinguinen oder Kormoranen durch Einwirkung auf Kalkstein. Exkremente von Fledermäusen werden als Fledermausguano bezeichnet. 1802 erfuhr Alexander von Humboldt in Lima über Guano, der zum Düngen von Feldern verwendet wurde. Er brachte sogar Proben mit nach Europa und ließ sie untersuchen. Seit Justus von Liebig die Auffassung vertrat, dass Pflanzen Stickstoff, Phosphor und Kalisalze brauchen, um gut wachsen zu können, war der Bedarf an Düngemittel sehr groß. So wurde Guano, der als natürlicher Universaldünger diese Stoffe in konzentrierter Form enthält, ab 1840 der erste Handelsdünger und gelangte überwiegend von Peru und Chile aus als Import nach Europa.
Bis dato düngte man die Böden mit menschlichen und tierischen Abfällen sowie Mergel, Kalk, Gips und Asche. Der jetzt zu erzielende Ernteerfolg war 30- bis 300-mal größer als bisher, revolutionierte die Landwirtschaft und sicherte die Ernährung der rasant wachsenden Bevölkerung Mitteleuropas. Neben Natursalpeter wurde Guano ebenfalls zur Sprengstoffherstellung verwendet.
Mitte des 19. Jahrhunderts machten diese beiden Verwendungsarten Guano neben Zucker, Rum, Baumwolle, Tabak und Indigo zu einem der bedeutendsten Importgüter für die sich industrialisierenden Länder Europas. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts zum Beispiel betrug der Import nach Europa eine halben Million Tonnen Guano pro Jahr. Die damalige Bedeutung von Guano kann mit der aktuellen Bedeutung von Öl verglichen werden. Peru errichtete ein Monopol, das dem Höchstbietenden den Verkauf sicherte. (Daher das DÉPOSÉ = deponiert, auf der Rückseite der Plombe). Ein Versuch von Spanien und den USA, Chile und Bolivien dieses Monopol zu umgehen endete 1856 im Ersten und 1879-84 im Zweiten Guanokrieg. An der Küste Chiles und Peru beuteten besonders die Hamburgischen Handelshäuser die riesigen Vorräte an Guano aus.1907 kam es in Chile zu ausgedehnten Streiks, die von Militärtruppen bekämpft wurden. Die chilenischen Soldaten wurden von preußischen Offizieren ausgebildet. Die Aufstände endeten in einem Blutbad, in Haft, Folter und Pressezensur.
Die Abbaubedingungen des Guanos gefährdeten besonders die zumeist chinesischen Arbeiter, die unter sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten mussten. Selbst für die Seeleute, in deren Schiffen der wertvolle Rohstoff transportiert wurde, war der Kontakt mit Guano, aufgrund des im Vogelkot enthaltenen Ammoniaks, gesundheitlich problematisch. Ein besonders dunkles Kapitel sind neben den Guanokriegen die Raubzüge der peruanischen Sklavenhändler in den Jahren 1859 bis 1863.
So verschleppten sie z.B. mehr als 2.700 Insulaner der Osterinseln als Zwangsarbeiter zum Guano-Abbau auf die Chinches-Inseln vor Peru. Sie machten dabei weder Halt vor den obersten Stammesfürsten, noch vor Frauen oder Kinder, sie nahmen alle gefangen die nicht rechtzeitig fliehen konnten. Die Menschen die sich wehrten, wurden erschossen. So bauten vielleicht verschleppte und versklavte Bewohner der Osterinseln oder deren Nachkommen in Peru Guano für die hiesige Landwirtschaft ab. Einer der größten Importeure war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Hamburger Handelshaus Ohlendorff & Co mit Sitz in Hamburg, London, Antwerpen und Emmerich a. Rh. Jährlich wurden bis zu 140 Schiffsladungen importiert. Die Brüder Albertus Ohlendorff (1834 - 1894) und Heinrich Ohlendorff (1836 - 1928), die man auch „Schiet-Barone“ oder „Guano-Ritter“ nannte, wurden am Guano so reich, dass sie Bismarck und der Reichsregierung eine eigene Zeitung, die Norddeutsche Allgemeine Zeitung, zur Verfügung stellen konnten. Sie wurden von Wilhelm I. geadelt und von Wilhelm II. zu Freiherren gemacht.
Beschriftung der Vorderseite: OHLENDORFF & Co, ALLEINIGE FABRICANTEN
Beschriftung der Rückseite: AUFGESCHL(OSS)ENER PER(U) GU(ANO) GEHALT GARANTIRT DEPONIRT
Datierung: ca. 1840-1883
Hier eine Plombe einer der größten Importeure in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Hamburger Handelshaus Ohlendorff & Co hatte seinen Sitz in Hamburg, London, Antwerpen und Emmerich a. Rh. Jährlich wurden bis zu 140 Schiffsladungen importiert. Die Brüder Albertus Ohlendorff (1834 - 1894) und Heinrich Ohlendorff (1836 - 1928), die man auch „Schiet-Barone“ oder „Guano-Ritter“ nannte, wurden am Guano so reich, dass sie Bismarck und der Reichsregierung eine eigene Zeitung, die Norddeutsche Allgemeine Zeitung, zur Verfügung stellen konnten. Sie wurden von Wilhelm I. geadelt und von Wilhelm II. zu Freiherren gemacht.
Am 22.10.1883 erfolgte die Umwandlung der Firma Ohlendorff & Co. in die Aktiengesellschaft Anglo-Continentale (vormals Ohlendorff`sche) Guano-Werke in Hamburg. Sie importierten und verarbeiteten weiterhin Guano hauptsächlich aus Peru. Bis 1913 gehörten zur Firma ausländische Werke in London und Antwerpen, sowie eine Thomas-Schlackenmühle in Longwy-Bas in Frankreich, die genau so wie das Werk in Emmerich alle infolge des Krieges verloren gingen. Der Verlust der Werke in London und Antwerpen war besonders schwer für die Gesellschaft, da dort umfangreiche, gewinnbringende Geschäfte gemacht wurden. Infolge des durch den 1. Weltkrieg verursachten Ausfalles der Guanoimporte wurde das Guanogeschäft zum Erliegen gebracht. Vor dem 1. Weltkrieg war die Einfuhr aus Peru frei und unbeschränkt, und die Anglo-Continentale Guanowerke hatten für Deutschland eine Art Monopol. 1908 gelang es dem deutschen Chemiker Fritz Haber, aus Wasserstoff und Stickstoff synthetisch Ammoniak herzustellen – wofür er 1910 das Patent (Haber-Bosch-Verfahren) und 1918 den Chemienobelpreis erhielt; damit sicherte er für Deutschland während des Ersten Weltkrieges nicht nur die Kunstdünger-, sondern auch die Kampfmittelproduktion. Die Einführung des Haber-Bosch-Verfahrens bedeutete eine drastische Verringerung des Guano-Bedarfs. Nach 1914 wurde so die Hauptproduktion der Gesellschaft fast vollständig auf die Herstellung von Superphosphat und verwandte Produkte umgestellt.
Die Anglo-Continentale Guanowerke waren mit 16 Millionen Grundkapital zu ihrer Zeit eines der größten Weltunternehmen. 6000 Doppelzentner Guano wurden hier täglich gepulvert und gesackt.
Am 7.1.1927 erfolgte die Änderung der Firma in: "Merck'schen Guano- und Phosphat-Werke-AG" und 1969 wurden sie von der "BASF-AG" übernommen.
Düngemittelplomben der Firma LEM CO (Liebig’s Extract of Meat Company Limited) Datierung: 1865 bis ca. 1924
Plombe: Fund vom „Römerfeld“ 2014
Plombe: Fund vom „Römerfeld“ NW 2014/0205
Plombe: Fund vom „Römerfeld“ 15.5.2016
Während unserer Begehungen des Römerfeldes sind immer wieder verschiedenste Bleiplomben gefunden worden. Hervorstechend waren jedes Mal diese heute zu Rechtecken zusammengedrückten Bleiplomben, die Tiere als Darstellungen hatten (ein Rind und ein Schaf), die aufgrund ihrer Erhaltung aber schwer zu lesen waren. Anfangs hatten wir selbst den Verdacht es könnte sich um römische Bleisiegel handeln, aber nach dem Fund des 2. Stückes waren doch Buchstaben zu erkennen, die sehr verspielt in Ligatur zueinander dargestellt waren und schon fast Jugendstil mäßig anmuteten. Und zwar ein M ein E ein L und ein Co als Kürzel für Compagnie. Diese Darstellung spricht eher für die Zeit am Ende der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zu den 30. Jahren des 20. Jahrhunderts. In einschlägigen Internetseiten konnte ich Anfangs keinen Hinweis auf die Identität dieser Firma finden. Bilder einer solchen Plombe fand ich nur auf einer englischen Website. Hier war sie als LME & Co Bagseal ohne jeglichen bekannten Zusammenhang gelistet, jedoch mit der Vermutung es könne irgendetwas mit Fleischproduktion zu tun haben. Die dort zu sehende Plombe ist in einem viel besseren Zustand als die unseren, deshalb wird sie hier abgebildet:
Da wir mindestens vier solcher Plomben auf einem für diese Zeit gewöhnlichen Acker gefunden haben, von dem uns schon Plomben von Guanodünger bekannt waren, ist die Vermutung naheliegend, dass es sich um Plomben von Düngemittel oder um Saatgutplomben einer noch nicht bekannten Firma handeln könnte.
Da ein Rind und ein Schaf dargestellt sind, und in den Zeiten vor der Erfindung des Kunstdüngers (1910) neben Guano auch mit Horn- Knochen- und Blutmehl gedüngt wurde, versuchte ich es mal mit diesen Suchkriterien im www.
Schließlich landete ich bei dieser Darstellung einer Steinzeugdose der Liebig Gesellschaft für „Liebig’s Fleisch Extrakt“ aus Köln. Auch hier sind ein Rind und ein Schaf auf gleicher Weise wie auf den Plomben abgebildet.
Eine Seite weiter dann eine Englische Dose mit der Aufschrift:
„Extractum Carnis Liebig“ hergestellt von der Liebig’s Extract of Meat Company Limited London
Jetzt bekommen die Buchstaben auf der Plombe einen Sinn:
Liebig’s Extract of Meat Company
Liebig’s Fleischextrakt wurde seit 1864 in Uruguay (Fray Bentos) aus Ochsen- und Hammelfleisch hergestellt und in Deutschland und vielen anderen Ländern verkauft. Es handelt sich dabei um eine Paste, die durch ein spezielles, von Justus von Liebig entwickeltes Verfahren aus frischem Rind- und Schaffleisch erzeugt wird. Hierbei werden aus 100 kg frischem Fleisch ca. 4 kg Fleischextrakt gewonnen. Schon die Zugabe einer Messerspitze des Extraktes verfeinert den Geschmack aller Rindfleischgerichte, Saucen und vielem mehr. Auch heute noch kann man das Original Liebig’s Fleischextrakt in guten Feinkostläden (z.B. dem Berliner KaDeWe und dem Hamburger Alsterhaus) kaufen.
Heute noch bei Sammlern hoch begehrt sind auch die Karten der Sammelbildwerbung, die seit 1872 verstärkt beim Kauf des Fleischextraktes an die Kunden verteilt wurden.
Im Jahre 1861 besuchte der deutsche Ingenieur Georg Christian Giebert, der im benachbarten Brasilien Straßen baute, das Dorf Independencia in Uruguay. Dabei sah er die riesigen Viehherden, die dort weideten und die letztlich nur wegen ihres Felles, der obersten Fettschicht, der Knochen, des Blutes und des Horns geschlachtet wurden. Das Fleisch war wegen der hohen Temperaturen – und da es damals noch keine Kühlmaschinen gab – nicht transportfähig und wurde größtenteils den Geiern und anderen wilden Tieren überlassen.
Georg Giebert hatte v.Liebigs „Chemische Briefe“ gelesen und daher von seinem Fleischextrakt gehört, kannte ihn aber nicht. Als er im Frühling 1861 in Deutschland auf Heimaturlaub war, reiste er nach München und kaufte sich Muster des Fleischextraktes, um ihn zu probieren. Der Geschmack und die Qualität des Extraktes überzeugten ihn. Als nächsten Schritt besuchte er Justus von Liebig und machte ihn auf die besonderen Verhältnisse in Südamerika aufmerksam. Insbesondere wies er darauf hin, dass dort das Vieh sehr reichlich vorhanden und deshalb sehr billig sei. Er schlug vor, in Uruguay eine Fleischextrakt-Fabrik zu errichten und das Fertigprodukt nach Europa zu exportieren, wo es zu etwa einem Drittel des gegenwärtigen Preises verkauft werden könne.
Liebig erklärte sich bereit, Giebert in allen chemisch-technischen Fragen zu beraten und auch seinen Namen für das Endprodukt zur Verfügung zu stellen, und so gründete Giebert im April 1863 die„Fray Bentos Giebert & Co.".
Diese Gesellschaft, die ihr Stammhaus noch in Antwerpen hatte, produzierte 1864 schon insgesamt 23 000 und im folgenden Jahre 28 000 kg Extrakt. Der Verkauf verlief problemlos und äußerst erfolgreich. Um genügend Kapital für eine Erweiterung der Fabrik zu bekommen, musste die Gesellschaft jedoch vergrößert werden. So wurde im Dezember 1865 mit zusätzlichen Gesellschaftern die „Liebig's Extract of Meat Company Limited" (LEMCO) gegründet. Ihr Stammhaus lag nunmehr in London, das Depot für Europa wieder in Antwerpen und die Hauptbetriebsstätte in Fray Bentos, Uruguay, und später auch auf Neu-Heusis in Südwestafrika (heute Namibia), wo sich große Rinderfarmen befanden.
Justus v. Liebig wurde zum Leiter der wissenschaftlichen Abteilung zur Kontrolle und Analyse der Fertigprodukte (mit Sitz in München) ernannt.
Die (eher preiswerten) Produkte von Liebig’s Extract of Meat Company erreichten hohe Beliebtheit, da Fleischgenuss für eine breite Bevölkerungsschicht ein Luxus war. Auch die oberen Gesellschaftsschichten kauften Liebig's Fleischextrakte. Das Unternehmen belieferte den Wiener Hof und wurde zum kaiserlich und königlichen Hoflieferanten ernannt.
In einer normalen Kampagne wurden viele Tausende Jungtiere von Rindern und Schafen geschlachtet. Daraus wurde z. B. im Jahre 1875 gewonnen: 160.000 Salzfelle, 495.000 kg Fleischextrakt, 345.000 kg Corned Beef, 157.000 Dosen Zungen (die berühmten „Tongues to keep“ made in Fray Bentos), 290.000 kg Reinfett und zehn Tonnen Salzfleisch. Alles vom Vieh wurde weiter verwertet. Selbst die Abfälle wie Haut, Horn, Knochen und getrocknetes Blut wurden mit Chemikalien versetzt und z.B. 1875 mit 86.000 Säcken als organischen Dünger gut verkauft.
Es hieß zu jener Zeit, „dass das einzige was in der Liebig Companie nicht weiter verarbeitet wurde, das Muhen der Kühe sei“.
Das Fleischextrakt wurde in Zinnbüchsen (zu je 45-50 kg) verpackt und per Schiff nach Antwerpen geschickt wurde. Dort wurde der Extrakt in kleine Steinguttöpfe (später in Porzellan-Töpfe) abgefüllt und in dieser Form in den Handel gebracht.
Als man aber nach 1900 begann, in viele Schiffe Kühlanlagen einzubauen, wurde es möglich, frisches Fleisch weltweit zu transportieren. Der größte Teil des in Südamerika erzeugten Rindfleisches wurde nunmehr direkt nach Europa und in die USA exportiert, und in der Folge stiegen die Rinderpreise und damit auch der Preis des Fleischextraktes schnell an. Auch hatte die Konkurrenz – in Deutschland vor allem durch die Firmen Knorr und Maggi – kräftig aufgeholt. Infolgedessen ging der Absatz im 20. Jahrhundert immer mehr zurück. Im Verlaufe des Ersten Weltkrieges war der Absatz an Fleischextrakt in Europa infolge der gefährdeten Transportwege sehr stark zurückgegangen. Er erholte sich in den Nachkriegsjahren nur langsam und erreichte nie wieder den hohen Stand von 1908 bis 1913. Im Jahre 1924 endete die Tätigkeit der Liebig’s Extract of Meat Co. Ltd (LEMCO) in Fray Bentos. Die LEMCO konzentrierte sich nach 1924 ganz auf Europa und führte ihr Geschäftsziel, die Herstellung von Liebigs Fleischextrakt, unter den veränderten Bedingungen des 20. Jahrhunderts, fort. Der Zweite Weltkrieg brachte ihre Produktion aber vorübergehend völlig zum Erliegen. 1964 vereinigten sich Liebig's und der 1869 von Arthur Brook in Manchester gegründete weltweite Teekonzern Brook Bond & Company zur Brook Bond Liebig Co. Diese wurde später vom Unilever-Konzern übernommen. Das Nachfolgeunternehmen ist Oxo.
Fazit:
Wie auf den Werbebildern und -Karten zu lesen ist, wird die Echtheit des Fleischextrakts nicht durch Verplombung, sondern durch den blauen Namenszugs „J. v. LIEBIG“ der quer durch die Etiquette auf den Töpfen läuft, garantiert.
Auf keinen der vielen Abbildungen, ist ein verplombter Steingut- oder Porzellantopf für Fleischextrakt zu sehen.
Aus diesem Grunde gehe ich davon aus, dass es sich bei unseren Plomben um die Düngemittelsiegel des in Uruguay hergestellten Horn- Knochen und Blutmehldüngers der Firma Liebig’s Extract of Meat Co. Ltd. handeln könnte.
Ebenso sind die ligierten Buchstaben LEM Co auf den Fleischextraktverpackungen oder Werbungen nirgends zu erkennen.
Horndünger enthält vor allem Stickstoff und Phosphor. Je grober die Substanz (Hornspäne), desto langsamer wird sie im Boden umgesetzt.
Blutmehl hat einen besonders hohen Stickstoffgehalt, etwas Phosphor und Kali.
Knochenmehl hat von diesen 3 Schlachthausdüngern den höchsten Phosphorgehalt, es enthält auch Stickstoff und ein wenig Kali.
Gemischt ergeben diese 3 Dünger einen organischen Volldünger, in dem die 3 wichtigsten Hauptnährstoffe enthalten sind.
1908 gelang es dem deutschen Chemiker Fritz Haber, aus Wasserstoff und Stickstoff synthetisch Ammoniak herzustellen, den ersten Kunstdünger,– wofür er 1910 das Patent und 1918 den Chemienobelpreis erhielt.
Die Einführung des Haber-Bosch-Verfahrens bedeutete damit eine drastische Verringerung des Bedarfs an teuren organischen Dünger wie Guano sowie des Horn- Blut- und Knochenmehldüngers.
Zeitgleich, wie der Absatz von Fleischextrakt, ging also auch die Nachfrage nach organischem Dünger aus Uruguay stark zurück.
Ein weiterer Grund wieso im Jahre 1929 die Tätigkeiten der LEMCO in Fray Bentos endeten.
Vier Karten der Liebig Sammelbild-Werbung.
Fray Bentos: Dünger-Fabrik – Mahlen und Verpacken; Dünger-Fabrik – Oberes Stockwerk; Talgschmelze – Parterre; Talgschmelze – Oberes Stockwerk
Nörvenich 2016-06-03
Literatur/ Quellen:
http://www.bagseals.org/gallery/main.php?g2_itemId=3296
(http://www.bagseals.org/gallery/main.php)
Günther Klaus Judel :Die Geschichte von Liebigs Fleischextrakt Zur populärsten Erfindung des berühmten Chemikers
Günther Klaus Judel: Justus Liebig, Georg Giebert und der Fleischextrakt, Aus Anlass des 200. Geburtstages Justus Liebigs
Wikipedia
https://moopenheimer.wordpress.com/tag/lemco/
Düngemittelplombe der Firma C. Scheibler & Komp. Datierung: 1885-1902
Beschriftung Vorderseite: C. SCHEIBLER & KOMP.
Beschriftung Rückseite: KALK
Carl Johann Heinrich Scheibler (* 19. Juni 1852 in Krefeld; † 12. Dezember 1920 in Köln) war ein deutscher Düngemittelfabrikant. Geboren als Sohn des Rohseidengroßhändlers Carl Ludwig Aurel Scheibler (1823–1905) und der Anna Wilhelmine Kaibel (1827–1858), sowie Enkel des Samt- und Seidenfabrikanten Johann Heinrich Scheibler, der Erbauer des Stammsitzes der Familie, das Roten Haus, in Monschau.
Er begann nach seiner Schulzeit in Krefeld und Lyon ebenfalls eine Ausbildung in der Textil- und Bekleidungsindustrie. Nach Auftreten wirtschaftlicher Schwierigkeiten in der Seidenfabrik seines Verwandten, wechselte Scheibler im Jahre 1878 als Prokurist und Leiter der Düngemittelabteilung zur „Chemischen Fabrik Vorster & Grüneberg Cöln“ in Kalk.
Dort entwickelte Scheibler das kostengünstige Düngemittel Thomasphosphat, das auf der Thomasschlacke basierte. Da Thomasschlacke als Abfall- bzw. Nebenprodukt des Thomas-Gilchrist-Verfahren bei der Stahlerzeugung anfiel und für damalige Verhältnisse äußerst kostengünstig war, ermöglichte dieses Produkt auch ärmeren Bauern, ihre Felder zu düngen.
Das Thomas-Verfahren ist ein so genanntes Blas- oder Windfrischverfahren, bei dem durch Bodendüsen des Konverters, der Thomas-Birne, Luft in das flüssige Roheisen geblasen wird.
Die Thomas-Birne war mit einer basisch wirkenden Dolomitstein- oder Dolomit-Teer-Mischung ausgemauert und eignete sich vor allem für das Verarbeiten phosphorreichen Eisens. Der zu Phosphorpentoxid oxidierte Phosphor wurde mit dem als Zuschlag beigefügten Kalkstein verschlackt (Thomasschlacke) und kam fein gemahlen unter der Bezeichnung Thomasmehl als Phosphatdünger in den Handel.
Scheibler begann nun, in großem Maße Schlacke anzukaufen, und errichtete eine eigene Schlackenmühle zur Produktion von Thomasmehl. Er gründet 1885 die Firma „C. Scheibler & Co, die als Tochterunternehmen von der Firma „Vorster & Grüneberg“ zunächst ausgegliedert wurde. Drei Jahre später, 1888, gründete er noch die Vertriebsgesellschaft „Rheinisch-Westfälische Thomasphosphat-Fabriken AG“.
Bis zum Ersten Weltkrieg unterhielt das Unternehmen Anteile an Düngemittelfabriken in Deutschland, den Benelux-Ländern, Frankreich und Russland und erweiterte seine Produktpalette um Superphosphat und synthetische Stickstoffe.
Im Jahre 1902 fusionierte Scheibler sein erfolgreiches Unternehmen wieder mit der im Jahre 1892 in eine GmbH umgewandelten und in „Chemische Fabrik Kalk“ umfirmierten Firma „Vorster & Grüneberg“ und wurde fortan als erbberechtigter Gesellschafter übernommen. Sein Sohn Hans Carl Scheibler (1887–1963) trat nach entsprechender Ausbildung 1906 ebenfalls in die Chemische Fabrik Kalk ein und übernahm nach dem Tod seines Vaters 1920 ebenfalls die Leitung der Düngemittelsparte. Im Jahre 1930 wurde dieser Hans Carl Scheibler auch Namensgeber für den nach aufwändigen Forschungen entwickelten und in das Programm aufgenommenen Mineraldünger mit dem Markennamen „Scheiblers Kampdünger“, wobei „Kamp“ für „Kalk-Ammon-Phosphor“ stand.
Da die Stahlindustrie mittlerweile fast ausschließlich phosphatarme Erze verarbeitet, ist das kostengünstige Thomasmehl praktisch vom Markt verschwunden. Problematisch ist zudem die Belastung von Thomasmehl mit dem Schwermetall Chrom.
Saatgutplombe der Firma Gebrüder Dippe AG Quedlinburg Datierung: 1915-1946
Beschriftung der Vorderseite: GEBRÜDER DIPPE AG QUEDLINBURG
Rückseite: Keine Beschriftung
Im 18. Jahrhundert entwickelte sich Quedlinburg im heutigen Sachsen-Anhalt, zu einer Stadt der Saatzuchtbetriebe und Gärtnereien und verdiente sich den Beinamen "Blumenstadt".
Im Jahre 1850 firmierten Gustav Adolf Dippe und sein Bruder Conrad Lorenz Dippe die bisherigen Familienbetriebe zum Unternehmen GEBR. DIPPE. Es ging aus dem kleinen Gärtnereibetriebes des zuvor bereits verstorbenen Vaters der Gründer Johann Martin Dippe hervor.
Die Familie Dippe besaß seit 1714 Gartenland vor den Toren der Stadt Quedlinburg. Es wurden weitere Anbauflächen im Umfeld der Stadt, so im Word und im Bodegarten erworben. Conrad Lorenz Dippe schied im Jahr 1863 aus dem Unternehmen aus, blieb jedoch Teilhaber.
Wichtigstes Produkt des Unternehmens waren, neben Gemüse- und Blumensamen, vor allem Zuckerrübensamen. Durch neue Zucht- und Auswahlverfahren erreichten die Züchtungen einen hohen Ertrag und einen hohen Zuckergehalt.
Das Unternehmen wuchs stark.1890 beschäftigte man 1800 Arbeiter und 120 Gärtner. Es wurde eine Anbaufläche von 2500 Hektar bewirtschaftet. Das Unternehmen galt als das vielseitigste Großzüchtungsunternehmen der Welt. Zur Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert deckten die Gebrüder Dippe ein Sechstel des Weltbedarfs an Zuckerrübensamen.
Carl Dippe und Friedrich Dippe, die Söhne von Gustav Adolf, sowie sein Schwiegersohn Carl Esche traten in das Unternehmen ein. Gustav Adolf Dippe verstarb im Jahr 1890. Nach dem Tod des Vaters führte Carl Dippe das Unternehmen weiter. Sein Nachfolger wurde, die Familie war inzwischen geadelt, Friedrich von Dippe.
Im Jahr 1915 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1934 übernahm Hans von Dippe, Friedrichs Sohn, das Unternehmen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Unternehmen enteignet. Hans von Dippe und Carl Esche junior gründeten in Herford die Gebrüder Dippe GmbH, die ihren Sitz später nach Bad Salzuflen verlegte. 1993 wurde das Unternehmen von der schwedischen Firma Hilleshög übernommen.
Der Betrieb in Quedlinburg wurde mit dem Betrieb der Firma Mette 1946 zur Deutschen Saatgutgesellschaft vereinigt. Auf dem Haupthof der Gebrüder Dippe AG wurde am 20. Januar 1947 das Institut für Pflanzenzüchtung gegründet. 1971 wurde aus der Deutschen Saatgutgesellschaft der VEB Saat- und Pflanzgut. Das Institut führte ab 1972 die Bezeichnung Institut für Züchtungsforschung.
Nach der politischen Wende des Jahres 1989 führte man das Unternehmen als Quedlinburger Saatgut GmbH fort. 1998 wurde die GmbH ein Tochterunternehmen der Julius Wagner GmbH Heidelberg. Mit dieser Gesellschaft erfolgte 2002 eine Fusion zur Quedlinburger Saatgut GmbH. Unter dieser Bezeichnung führt das Unternehmen bis heute auch die Traditionslinie der Gebrüder Dippe AG fort.
Vier Filmdokumente der Firma Gebrüder Dippe AG (Wunder der Scholle, Zuckerrübenzucht, Gemüsezucht und Blumenzucht) sind zu sehen unter
http://www.ramberg-ol.de/cgi-bin/filmdokumente/show2.pl?id=id34534535345
Nörvenich 2016-06-03
Literatur/Quelle:
Wikipedia